Die „Werkstatt naturästhetisches Lernen“ ermöglicht eine grundlegende
kindzentrierte und entwicklungsbezogene Neuorientierung der elementaren Bildungsarbeit.
Im Mittelpunkt der konzeptionellen Diskussion steht die Frage:
Die Kurzformeln „Durch die Sinne in den Sinn“ und „Vom Greifen zum Begreifen“ spiegeln komplexe Lernschritte,
die Jungen und Mädchen realisieren, wenn sie im
eigensinnigen Umgang mit Naturphänomenen, -elementen und
-materialien sich selbst entwickeln und bilden.
In der Fortbildung erarbeiten wir die entwicklungspsychologischen Grundlagen der
naturästhetischen
Bildungsarbeit. Dabei fokussieren wir die sinnlichen,
motorischen, emotionalen und neurobiologischen Ebenen der Wahrnehmungs- und
Persönlichkeitsentwicklung.
Die Rolle der Erzieherin als Initiatorin und Begleiterin von naturästhetischen Lernimpulsen und
-projekten
wird didaktisch begründet. Das Motto lautet:
Im Transferteil entwickeln wir im Rückgriff auf das Buch „Kinder brauchen Wege in die Natur“
erste Schritte zum Aufbau der „Werkstatt naturästhetisches Lernen im Kita-Außengelände
Der aktuelle bildungstheoretische Hintergrund
Sozialisations- und Bildungsforschungen (IGLU, Grundschulbereich), PISA (Sekundarbereich)
dokumentieren
seit 20 Jahren eine sich ständig steigernde Leistungsbilanz von Mädchen und eine Stagnation der
Bildungsleistungen der Jungen. Im Schulsystem besuchen mehr Jungen als Mädchen Haupt-, Sonder- und
Förderschulen; nicht selten stellen sie dort 70 % der Schülerschaft. Die Erfahrungen im
Elementarbereich
zeigen, dass sogenannte „auffällige Kinder“ in der Mehrheit Jungen sind.
In den Sprachtests erzielen
Mädchen signifikant bessere Ergebnisse, auf der Literacyebene sind Mädchen stärker motiviert und
zeigen
im Vergleich zu den Jungen größere verbale Kommunikationskompetenzen und literarische Interessen.
Die World Vision Kinderstudien zeigen, dass die bildungsstatistischen Belege für die
unterschiedliche
schulische Leistungs- und Erfolgsbilanz sich auch in den großen Unterschieden in den
Bildungsperspektiven der 6 bis elfjährigen Kinder niederschlagen.
Der Sozialisationsforscher Klaus Hurrelmann stellt die weitreichenden Unterschiede heraus:
„Schon bei den Sechs- bis Elfjährigen fanden wir große Unterschiede bei den Bildungszielen. Die
Mädchen
wollen deutlich häufiger als die Jungen eine anspruchsvolle Bildungslaufbahn am Gymnasium
durchlaufen.
Sie fallen außerdem durch ein vielfältiges Freizeitverhalten auf, bei dem die Beschäftigung mit
elektronischen Medien, Handarbeit, Tanzen, Sport mit Musizieren und Basteln kombiniert wird. Bei
den
Jungs dominiert hingegen die passive Freizeitbeschäftigung mit einer Fixierung auf die
elektronischen
Medien, das heißt, sie trainieren übermäßig stark ihren Seh- und Hörsinn, vernachlässigen aber
extrem
alle anderen Sinnesbereiche. (K. Hurrelmann: Plädoyer für eine gezielte Jungenförderung. In: Welt
des
Kindes 6/2011, S. 10).
Die Shell Studien von 2002 und 2006 bestätigen wie stark die Mädchen auf die Überholspur im
Bildungssektor
eingebogen sind: „Sie bleiben deutlich weniger sitzen als die Jungen, haben erheblich weniger
Nachhilfeunterricht und sind motivierter, sich gute Abschlüsse zu verschaffen. Bei den
12- bis 25-Jährigen, die in diese Untersuchungen einbezogen sind, haben sich die schon in der
Grundschule erkennbaren unterschiedlichen Bildungsaspirationen von Jungen und Mädchen
weiter verfestigt.“ (a.a.O., S. 10f).
Die Fortbildung zeigt auf, dass für die unterschiedlichen Partizipations-, Motivations- und
Bildungsleistungen der Jungen und Mädchen bereits in Familie, Kindergarten und Grund-Schule
entscheidende Weichenstellungen erfolgen.
Im theoretischen Grundlagenteil des Projekts werden die Entwicklungsaufgaben der Jungen/Mädchen in
der
Familie, im Kindergarten, und in der Grund-Schule erarbeitet und bewertet werden.
Wir verstehen dabei die Persönlichkeitsentwicklung des Jungen / des Mädchens als Prozess der
ständigen
Auseinandersetzung mit den
vier Lebensräumen Körper, Psyche, soziale Umwelt und ökologische Lebenswelt.
Diese vier Felder sollen im Rahmen der fachlichen Weiterbildung unter folgenden Leitfragen erarbeitet und analysiert und in den erzieherischen / pädagogischen Transfer eingebracht werden:
Wie gestalten Jungen/Mädchen ihre Geschlechtsrolle in den ersten 10 Lebensjahren?
Welche Bedeutung haben Vater und Mutter in der Identitätsentwicklung der Jungen/Mädchen ?
Welche Bedeutung hat die familiäre Triade (Vater, Mutter, Sohn/Tochter)?
Welche Bedürfnisse, leiten die Persönlichkeitsentwicklung der Jungen/Mädchen in den Sozialisations-, Entwicklungs- und Bildungsräumen Familie / Kindergarten / Grund-Schule.
Welche Widersprüche erleben die Jungen im Kindergarten /in der Grund-Schule?
Wie können Erzieheri*nnen/Lehrer*Innen das Selbstwertgefühl der Jungen/Mächen bestärken?
Wie können ErzieherInnen und LehrerInnen die Ressourcen der Jungen/Mädchen ansprechen und ihr persönliches Leistungsverhalten fördern?
Welche innerpsychischen Folgen hat die in Familie, Kindergarten und Grund-Schule erlebte Beschämung für Jungen/Mädchen?
Kriterien einer professionellen, dialogischen, empathischen Kommunikation
Die ErzieherInnen / LehrerInnen / SozialpädagogInnen sollen dafür sensibilisiert werden, dass die Persönlichkeits- und Identitätsbildung der Jungen ambivalenten gesellschaftlichen Modellen Und Rollenzuschreibungen folgt. Die professionelle Entwicklungsbegleitung der Jungen setzt leib-sinnliche, haptische und grobmotorische Akzente und entwickelt psycho-emotionale Hilfen. Der biologische Dispositionsraum der Jungen/Mädchen legt die Entwicklung der Persönlichkeit des Jungen/Mädchen nicht fest, sondern ist offen für eigene Entwicklungsschritte, kulturelle Einflüsse und erzieherische Impulse.
Im didaktischen Transfer
sollen die Teilmnehmer*innen befähigt werden, ihre Erziehung und Bildungsarbeit im Sinne einer reflektierten, geschlechterbewussten und geschlechtergerechten Praxis weiter zu entwickeln.
Die PISA-Studien zum Bildungserfolg der deutschen Schüler/Schülerinnen Anfang des neuen Jahrtausends leiteten eine Wende in der Kita-Diskussion ein. Unter dem Motto der "gleichen Bildungschancen" wurden Test- und Förderkonzepte entworfen, die immer stärker den sprachlichen und kognitiven Kompetenzprofilen der Grundschule folgen. Dieser zunehmenden "Verschulung" der Kita steht auf der anderen Seite die bildungspolitische Forderung nach Inklusion und Partizipation als Prinzipien der elementaren und schulischen Bildungspraxis als entgegen. In dieser widersprüchlichen gesellschaftlichen und bildungspolitischen Diskussion um die Funktion der Kita setzt die Fortbildung
"Von der Stammgruppen-Kita zur kindzentrierten Erziehungs- und Bildungspraxis"
mit der grundsätzlichen Frage an: Wie können die elementarpädagogischen Ansätze einer kindzentrierten Erziehung und Bildung im Kitaalltag Schritt um Schritt entwickelt werden? In den theoretischen Teilen erarbeiten wir die Basisaussagen der entwicklungswissenschaftlichen Forschung, die zum neuen Bild vom „kompetenten Kind“ geführt haben. Unter dem Motto "Lernen in Beziehungen" reflektieren wie die Rolle der Erzieherin als emotionaler Bezugsperson, Entwicklungsbegleiterin und Ko-Konstrukteurin. Wir analysieren alltägliche Situationen unserer erzieherischen Praxis und bestimmen Kriterien einer professionellen Beziehungs- und dialogischen Kommunikationskompetenz.
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